16/07/2019 Risk Management
Ethan Magnet

Credit Scoring 3.0

Leasing, Finanzierung oder einfache Warenkredite gehören mittlerweile zum Standard Repertoire zahlreicher Finanzinstitute und Unternehmen. Sie bieten Kunden auch bei kostenintensiven Anschaffungen finanzielle Planungssicherheit und Flexibilität durch Laufzeiten. Auf Seiten von Kreditgebern steigern diese Finanzierungsmodelle zwar die Konversionsrate, sind jedoch oft mit Risiken verbunden. Nicht zuletzt darum müssen Banken und Unternehmen in der Lage sein, sich gegen Negativszenarien wie Zahlungsausfall oder Betrug absichern zu können. Da eigene Kundeninformationen und Zahlungshistorien nicht ausreichen, werden oft externe Datenquellen herangezogen. Der klassische Gang zur Auskunftei hilft Kreditgebern dabei, eine Einschätzung der Bonität der Antragsteller vorzunehmen. Doch damit alleine ist es nicht getan. Auf Basis externer Informationen müssen Daten zunächst verdichtet und analysiert werden, um letztendliche eine transparente und trennscharfe Entscheidung treffen zu können- das Credit Scoring.

Herausforderungen beim „klassischen“ Antragsprozess

Zugleich besteht auf Kundenseite die Erwartungshaltung, einen möglichst unkomplizierten und schnellen Antragsprozess zu durchlaufen. Dies stellt Unternehmen und Kreditgeber oft vor Herausforderungen, da in der Praxis viele nicht-automatisierte Prozessschritte existieren. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn zusätzliche Unterlagen oder Bankauskünfte eingeholt werden müssen. Manuelle Aktionen verhindern eine automatisierte Antragsbewertung in Echtzeit und sind mit einer modernen Digitalisierungsstrategie nicht vereinbar. Hinzu kommen potenzielle Konflikte im Hinblick auf die Aktualität externer Bonitätsinformationen. Denn obwohl externe Datenprovider stets auf Qualität und Aktualität der Daten achten, ist es nicht immer möglich, dies für jeden Anwendungsfall einwandfrei sicherstellen zu können.

Neue innovative Ansätze bei der Risikobewertung durch Open Banking

Doch was ist die Alternative? Ein Blick auf die aktuelle „Payment Service Directive 2“ (PSD2) verrät, welche innovativen Ansätze durch Open Banking möglich sind. Die neue Richtlinie versetzt Konsumenten in die Lage, Drittanbietern Zugang zu ihrem Konto zu gewähren. Banken wiederum gewährleisten den Zugang mit Hilfe einer entsprechenden Schnittstelle. Bezogen auf Kreditanträge bedeutet dies, dass Kreditgeber durch einen digitalen Blick aufs Konto bereits eine Risikobewertung vornehmen können. Vor allem bei Online-Kreditanträgen hat sich der digitale Kontocheck bereits als geeignetes Tool erwiesen, um Echtzeit-Entscheidungen ohne Medienbrüche treffen zu können. Während Dokumente wie Kontoauszüge, Bankauskünfte oder Gehaltsnachweise bisher separat nachgesendet und evaluiert werden müssen, kann dies bereits mit Zustimmung des Kunden über einen digitalen Kontoblick erfolgen. Der Prozess ist nachvollziehbar und lässt sich gut in die digitale Prozesslandschaft integrieren. Nachdem der Antragssteller seine Legitimationsdaten zur Verfügung gestellt hat, kann die quantitative und qualitative Realtime-Evaluierung der Kontobewegungen erfolgen. Eine Kategorisierung der Umsätze lässt für den Kreditgeber einen Rückschluss auf mehrere Fragen zu:

  • Identifizierung: kann der Antragssteller dem Konto zugeordnet werden?
  • Besteht ein regelmäßiges Einkommen?
  • Ist eine positive Kontoführung erkennbar?
  • Gibt es Anzeichen für negatives Zahlungsverhalten (z.B. Rücklastschriften)?
  • Welche Umsatzkategorien sind erkennbar (z.B. existierende Kredite)?

Vorteile des digitalisierten Antragsprozesses mithilfe von Credit Scoring

Die angereicherten Informationen können anschließend zu eigenen Score- und Haushaltsberechnungen herangezogen werden. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand. Auf Konsumentenseite kann generell mit einem schnellen Bearbeitungsprozess gerechnet werden. Datenschutzrechtlich werden nur die Daten zur Verarbeitung herangezogen, die dafür auch freigegeben wurden. Zudem entfällt die Beantragung und Nachreichung zusätzlich erforderlicher Papierdokumente. Im Umkehrschluss bedeutet dies für den Anbieter den Wegfall manueller Prüfungsschritte und eine wesentliche Reduzierung der Fehleranfälligkeit. Je nach Anwendungsfall kann der digitale Kontoblick sogar eine geeignete Alternative zum klassischen Bonitätsscore der Auskunftei sein.

Schlussendlich gilt: wer seine Antragsprozesse konsequent digitalisieren möchte sollte neue Ansätze beobachten und mögliche Einsatzfelder prüfen. Insbesondere das Risikomanagement profitiert von aktuellen Entwicklungen im Bereich Open Banking und XS2A.

Webinar Hinweis

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